GENDER MAINSTREAMING



Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming der ÖÄK vermisst die
Berücksichtigung von Gender Mainstreaming bei Gesetzesvorhaben
 
Der legistische Flop , zu dem die Initiative zum „Struktur-Änderungsgesetz für die Krankenversicherung und die Organisation der Sozialversicherung“ im Juli 2008 verkommen war und an deren Nichtumsetzung die Proteste der Österreichischen Ärzte massiv beigetragen hatten, wurde auch von der Arbeitsgruppe Gender-Mainstreaming der ÖÄK, in der Tirol durch Dr. Andreas Niehoff vertreten ist, diskutiert. Neben den grundsätzlichen Bedenken gegen den geplanten Umbau der Selbstverwaltung und der ärztefeindlichen Tendenz, der aus einem Sozialpartnerpapier entstanden Gesetzesvorlage, waren es auch Fehler aus der Sicht der Geschlechterperspektive, die die ÖÄK-Arbeitsgruppe aufzeigte.

I. Mit der Unterzeichnung des Vertrages von Maastricht hat die Regierung der Republik Österreich im Jahre 1993 ein klares Bekenntnis zu dem Prinzip des „Gender Mainstreaming“ abgegeben. Zugrunde liegt dabei die Erkenntnis, dass die sinkende Geburtenrate und eine geringere Erwerbsbevölkerung in den Ländern der EU deren wirtschaftliche und politische Position schwächen.

II. Im Vertrag von Amsterdam (1999) verpflichten sich die Staaten der Gemeinschaft, Gleich-stellungspolitik im Sinne von GM zu betreiben. Die Regierungsvorlage (RV) zur Gesundheitsreform des Sommers 2008 ließ jedes Bekenntnis zu den Verträgen von Maastricht, Amsterdam, Lissabon und Barcelona vermissen. Das „Advisory Committee on Equal Opportunities for women and men“ empfiehlt, aber die Beiziehung von Gender-Experten bei jeder Gesetzesvorlage:
„Soziales, Gesundheits- und Pflegepolitik sollten mit dem Ziel modernisiert werden, sie leichter zugänglich zu machen, ihre Qualität zu verbessern, und die spezifischen Bedingungen von Frauen und Männern zu berücksichtigen.“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Ein Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006 – 2010 (SEK (2006) 275).

Frauen und Männer sind mit jeweils spezifischen Gesundheitsrisiken, Erkrankungen, Frage-stellungen und gewohnten Vorgehensweisen konfrontiert, die sich auf ihre Gesundheit aus-wirken. Medizinische Forschung sowie zahlreiche Sicherheits- und Gesundheitsstandards sind stärker auf Männer und männlich dominierte Arbeitsbereiche ausgerichtet.

Der Wissensstand in diesem Bereich sollte verbessert, und statistische Erhebungen und Indi-katoren weiterentwickelt werden. Soziale, Gesundheits- und Pflegedienste sollten mit dem Ziel modernisiert werden, sie leichter zugänglich zu machen, ihre Qualität zu verbessern und die neuen und spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Männern stärker zu berücksichtigen (eben da, S. 4 „Berücksichtigung der Geschlechterdimension im Gesundheitswesen“).

III. In diesem Sinne sind die Sozialpartner und die Bundesregierung von der ÖÄK aufzufordern, in Zukunft den möglichen Einfluss von Gesetzesvorlagen auf die Arbeitszeitregelung, geschlechts-spezifische Lohnregelungen, Elternurlaub, Pflegeurlaub für ältere Familienmitglieder und Kinderbetreuungsgesetze auf Grundlage der Verträge von Lissabon, Barcelona und Amsterdam zu überprüfen. Dies hat durch die legistischen Abteilungen der zuständigen Ministerium oder des BKA schon in der Entstehungsphase gesetzlicher Regelungen auf Grundlage der Beschlüsse der Bundesregierung vom 11. Juli und 10. November 2000 im Rahmen einer Gleichstellungsüberprüfung erfolgen.


Dr. Andreas Niehoff, FA für Radiologie, Referat für Gender Mainstreaming
der Ärztekammer für Tirol und Mitglied Arbeitsgruppe GM der ÖÄK